Von Artificial Intelligence bis hin zu Virtual Reality nutzen wir heute technische Möglichkeiten, die man sich vor Jahrzehnten nur vage vorstellen konnte. Darunter fallen auch 3D-Druck-Verfahren im Sinne der additiven Fertigung, bei der Material schichtweise miteinander verbunden wird und auf diese Weise ein Werkstück entsteht. Schon seit einiger Zeit setzt die Industrie den Prozess im Rahmen verschiedener Anwendungsbereiche ein, beispielsweise zum Prototypenbau. Bis 2024 prognostiziert der Additive Manufacturing Trend Report aus dem vergangenen Jahr additiven Fertigungsverfahren im industriellen Bereich einen kontinuierlichen Zuwachs von bis zu 21 Prozent.
Überblick: Wie die Industrie künftig additive Fertigung nutzen will
Schwerpunktmäßig finden sich innerhalb der deutschen Industrie bisher Unternehmen, die additive Fertigung zum Prototyping und Werkzeugbau nutzen. Die Grenzen der 3D-Druckverfahren sind damit lange nicht erreicht. Das Potential der Technologie ist gerade im B2B-Bereich groß, so vor allem für Branchen wie Medizintechnik, Maschinenbau und Autoindustrie. Marktkennern zufolge wird 3D-Druck für die künftige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen aus diesen Bereichen sogar unersetzlich sein. Schon heute ist die Fertigungstechnik für die Elektronik- und Automatisierungsbranche von hoher Bedeutung. Laut Experten wird insbesondere der Serieneinsatz additiv gefertigter Teile im Laufe der nächsten Jahre zunehmen. Dabei wird als Werkstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit Metall in den Mittelpunkt rücken. Tendenziell wollen alle fünf genannten Branchen additive Fertigung in Zukunft noch häufiger nutzen, als sie es ohnehin schon tun. Zudem will man damit teils neue Anwendungsbereiche erschließen. Die angedachten Schwerpunkte unterscheiden sich dabei von Branche zu Branche.
1. Additiv gefertigte Kleinserien zur Fahrzeugindividualisierung in der Autoindustrie
Bei Autoherstellern und ihren Zulieferern konzentriert sich das Prototyping schon heute auf additive Fertigung. Außerdem verwendet man 3D-Druck zur Herstellung von Kleinserien, so beispielsweise im Rahmen der Individualisierung bestimmter Fahrzeuge. Der Umfang dieses Einsatzbereichs ist bisher begrenzt, wird sich in den kommenden Jahren vermutlich aber erweitern. Darüber hinaus bieten sich additive Fertigungsverfahren in der Autoindustrie auch zur Produktion von Ersatzteilen an. Künftig erwarten Experten die Einführung digitaler Ersatzteillager mit ausführlichen Katalogen. Werden von den katalogisierten Teilen bestimmte Komponenten benötigt, so können sie On Demand per 3D-Druck hergestellt werden.
2. Für Maschinenbauer: Ersatzteile aus 3D-Druckverfahren
Als große Stärke der additiven Fertigung gilt die Passgenauigkeit, mit der das Verfahren komplexe Bauteile herstellt. Daher lassen sich die komplizierten Geometrien und Strukturen einzelner Maschinenbauteile bestens in diesem Rahmen realisieren. Neben Prototypen rücken dabei in den kommenden Jahren wahrscheinlich auch neue Bauteile aus Metall in den Fokus. Ersatzteile für bestehende Baureihen werden in der Maschinenbauindustrie schon heute oft per 3D-Druck produziert. Künftig wird sich auch hier der Anteil erhöhen.
3. Additiv gefertigte Prothesen in der Medizintechnik
Die individuelle Komponente zeichnet die Medizintechnik aus wie kaum eine andere Branche. Was Medizinprodukte wie Orthesen und Prothesen betrifft, muss bei der Produktion die Physiognomie des Endabnehmers berücksichtigt werden. Bei der Herstellung von individualisierten Serienprodukten wie Zahnersatz hat sich der Einsatz additiv gefertigter Werkstücke schon heute durchgesetzt. Künftig werden Klein- und Mittelserien aus additiver Fertigung speziell in diesem Bereich wohl noch häufiger anzutreffen sein. Zudem gilt es, effiziente Wege zur Einhaltung branchenspezifischer Normen noch intensiver zu erforschen.
4. Dank 3D-Druckverfahren schnellere Design-Zyklen in der Elektronikbranche
Wie viele andere fertigt auch die Elektronikbranche derzeit hauptsächlich Prototypen über additive Verfahren. Das hat in der charakteristischen Schnelllebigkeit des Branchenumfelds vor allem den Vorteil schnellerer Design-Zyklen. Der Prototypenbau erfolgt dank des 3D-Druckverfahrens sogar bis zu 15-mal schneller als mit anderen Vorgehensweisen: optimalerweise innerhalb einiger Stunden, wobei anderweitig Tage benötigt würden. Zudem wird additive Fertigung für die Elektronikbranche künftig auch zur Herstellung individueller Bauteile eine große Rolle spielen.
5. Robotik-Komponenten aus additiver Fertigung in der Automatisierungsbranche
Robotik steht im Zentrum der industriellen Automation. An die jeweiligen Produktionslinien stellt man unterschiedliche Anforderungen und auch die hergestellten Produkte sind grundverschieden – ob für den Automobilbereich oder die Lebensmittelbranche. Dennoch haben die Linien der Automatisierung eines gemein: nämlich Bauteile wie Düsen, Fördertöpfe und Greifarme. In vielen Fällen werden diese Komponenten erst zum Abschluss der Automatisierungslösung fertiggestellt und können die Wirksamkeit einer Produktionslinie wesentlich beeinflussen. Über additive Fertigungsverfahren können die Ingenieure dieser Teile das Design der Komponenten perfekt auf die Leistungsfähigkeit moderner Robotik abstimmen.
Zusatzwissen: Bisher kaum Anwendungsbereiche ohne externe Berater
Bis auf Unternehmer innerhalb der Elektronikbranche lagern die meisten Betriebe additive Fertigungsprozesse bislang aus und wagen sich nicht an die interne Umsetzung. Auch in naher Zukunft wird der Großteil wohl mit Experten kooperieren, die fertige Teile zuliefern. Die Mehrheit aller Branchen zieht außerdem oft Berater bei, die Ideen zur Implementierung additiver Fertigungsverfahren beisteuern. Eigene Experten zum Thema haben derzeit die wenigsten Unternehmen.
